Moravia Cantat in Lettland (2023)

Zwölf Tage lang bereiste Moravia Cantat im August 2023 Lettland. Organisiert wurde die Reise von Laura Putane, die ein fantastisches Programm zusammengestellt hatte. Neben Konzerten gab es auch viele wunderbare Begegnungen mit lettischen Musikern.

Erste Station der Reise war die Hauptstadt Riga. Umrahmt von einer Führung im Nationalmuseum und einer Altstadtführung sang Moravia Cantat am Sonntag (20.08.) im Gottesdienst der deutschsprachigen Ev.-Luth. Gemeinde in der gotischen Petrikirche (u.a. Psalm 125 von Widmar Hader). Beim anschließenden Kirchenkaffee gab es angeregte Gespräche mit den Gemeindemitgliedern.

Den folgenden Montag (21.08.) verbrachte das Ensemble im Lettischen Ethnographischen Freilichtmuseum, das in einem Waldgebiet am Jugla-See bei Riga liegt; das 1924 gegründete Museum beherbergt 118 Gebäude der Volksarchitektur. In diesem Museum nahm Moravia Cantat mit der lettischen Initiative Danču krātuve, die mit drei Musikern der Tanzkapelle Svatra und zwei Tänzern beteiligt waren, mehrere Volkstänze auf. Für die Videoaufnahmen vor malerischer Kulisse wurden drei Volkstänze ausgewählt, die es sowohl in einer deutschen als auch einer lettischen Variante gibt: „Hi tevs“ bzw. “Herr Schmidt“, „Gailīts rinko ošs“ bzw. “Siebenschritt“ sowie „Garais grīslis“ bzw. „Krebspolka“. Gemeinsam probten Moravia Cantat und die lettischen Tänzer und Musiker die Tänze und nahmen sie anschließend auf Video auf; die Tänze werden später online auf der Website https://www.dancukratuve.lv/ zu sehen sein*). In einer Aufnahmepause führten die Musiker von Svatra Moravia Cantat verschiedene lettische Volksinstrumente vor. Zum Abschluss nahm Moravia Cantat das „Treskowitzer Menuett“ aus Südmähren auf.

Am Dienstag (22.08.) fuhr Moravia Cantat nach Cēsis. Nach der Besichtigung der Ruine der alten Deutschordensburg war am Abend ein Konzert in der St.-Johannis-Kirche, der bedeutendsten mittelalterlichen Basilika Lettlands außerhalb Rigas. Auf dem Programm des Konzerts stand neben einer Suite von Johann Caspar Ferdinand Fischer Chormusik von der Renaissance bis zur Gegenwart. Es erklang u.a. Musik von Heinrich Fiby, Fritz Slawik, Hermann Seidl und Widmar Hader. Als Referenz an das Gastland sang Moravia Cantat „Sommer“ von Rolf Hempel nach einem Text von Werner Bergengruen und das Chorlied „Dusi dusi“ von Pēteris Vasks (*1946). Beim anschließenden lettischen Volkslied „Rīga dimd“ sangen alle Besucher mehrstimmig mit (das blieb auch bei den weiteren Konzerten so). Im Anschluss an das Konzert führte Moravia Cantat vor der Kirche noch Volkstänze vor und tanzte mit dem Publikum die tags zuvor aufgenommenen lettisch-deutschen Tänze.

Abschied nehmen von Riga hieß es am Mittwoch, dem 23.08. Ziel der Reise war Kurland, erste Station dort der Usma-See. Unterwegs gab es eine kleine Wanderung im Nationalpark Ķemeri, eine Weinprobe beim Weingut Abavas (mit leckeren Obstweinen) und einen Besuch beim Landwirtschaftshofes „Kangari“ (mit Verkostung von Schnecken und Trockenfrüchten). Abends lud der Usma-See zum Baden ein.

Angesichts des regnerischen Wetters am nächsten Vormittag blieb zunächst nichts übrig als zu proben. Am Nachmittag lernte Moravia Cantat eine weitere Besonderheit Lettlands kennen: die schwarze Keramik. Itija Bīmane http://www.clayandwooddesign.com zeigte uns, wie diese besondere Form von Keramik entsteht. Nach dem abendlichen Grillen auf dem Campingplatz sang der Busfahrer Aivis Moravia Cantat lettische Lieder zur Gitarre, und es wurden gemeinsam Evergreens geschmettert.

Auf der Fahrt durch Nordkurland am Freitag (25.08.) machte Moravia Cantat Station in Ventspils und besichtigte das Handwerkshaus der Region. Nach einer Besichtigung der Brauerei „Užavas Alus“ erreichte Moravia Cantat das nächste Quartier, den Campingplatz in Jūrkalne. Am Donnerstag besuchte Moravia Cantat die Werkstatt des Koklebauers Guntis Niedoliņš. Die Kokle, die lettische Zitter, gilt als Nationalinstrument Lettland. Guntis Niedoliņš baut die Kokle aus verschiedenen Hölzern; in seiner Werkstatt konnte Moravia Cantat die Instrumente nicht nur ansehen, sondern auch spielend ausprobieren – ein besonderes Erlebnis! Anschließend war Moravia Cantat zu Gast auf dem Hof der Familie Bērziņi und buk dort bei einem Workshop leckeres Brot nach lettischer Art. Abends erlebte Moravia Cantat „Nacht des alten Feuers“ am Strand von Pāvilosta.

Ein besonderes Highlight stand am Sonntag, dem 27.08. auf dem Programm: der Besuch bei den Suiti, einer katholischen Minderheit im sonst eher protestantisch, orthodox oder atheistisch geprägten Lettland, die in einem relativ geschlossenen Gebiet lebt und dort ihre überlieferten Bräuche pflegt. Der Tag in Alsunga begann mit einem Backworkshop: Gebacken wurde Sklandrausi, ein süßer Kuchen aus Roggenteig, gefüllt mit Kartoffel- und Karottenpaste und Kümmel. Anschließend besuchte Moravia Cantat den Jahrmarkt auf dem Suitu Tirgus. Dort gab Moravia Cantat nachmittags ein kurzes Konzert, das in ein gemeinsames Tanzen mündete. Danach traf Moravia Cantat die Gruppe „Suitu sievas“. Die Frauen dieser Gruppe pflegen die traditionelle Form des Burdongesangs, die sie Moravia Cantat vorführten; außerdem wurde ein Paar von Moravia Cantat in die Suiti-Tracht gehüllt. Eine äußerst spannende Begegnung mit einer beeindruckenden, lebendigen Volkskultur!

In Kuldīga war Moravia Cantat am Montag, dem 28.08., zu Gast beim Klavierbauer Dāvids Kļaviņš, der ganz besondere Klaviere baut: Vertikalklaviere und sogenannte Una Corda Klaviere. Nach der Führung durch seine Werkstatt durch Dāvids Kļaviņš gab Moravia Cantat ein Konzert im angeschlossenen Konzertsaal.

Letzte Station der Tournee war Liepaja im Süden Kurlands. Nach einer Stadtführung besuchte Moravia Cantat das 2015 eröffnete Konzerthaus Lielais dzintars, ein architektonisch sehr interessantes Gebäude. Im Kammermusiksaal und dem Großen Saal konnte sich Moravia Cantat bei zwei Chorliedern von der hervorragenden Akustik des Hauses überzeugen.

Urheber: Karlis Volkovskis

Am Mittwoch, dem 30.8., fand in Liepaja das letzte Konzert der Tournee statt. Ort des Geschehens war das Interieur-Museum „Madame Hoyer’s Guest House“. In diesem stimmungs- und stilvollen Ambiente präsentierte Moravia Cantat nochmal sein abwechslungsreiches Chor- und Instrumentalprogramm ; im Gasthaus des Museums wurde anschließend getanzt, nach ein paar Vorführungen wie immer bei dieser Tour gemeinsam mit dem Publikum. Beim internen Abschlussabend in Madame Hoyers Schenke spielten zwei lettische Musiker zum Tanz auf, so dass bis in die Nacht hinein das Tanzbein geschwungen wurde.

Mit dem Rückflug am 31.8. endete eine wunderbare Tournee in ein unheimlich schönes Land mit reicher Geschichte, Tradition und Kultur und freundlichen, zugewandten und hoch musikalischen Einwohnern.

*) Dieses Austausch-Projekt wurde unterstützt von der Stiftung West-östliche Begegnungen https://www.stiftung-woeb.de/ .

Wolfram Hader