Moravia Cantat im Heiligen Land (2009/2010)

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Blick vom Ölberg auf Jerusalem mit dem Felsendom

Erfolgreiche Konzerttournee nach Israel zum Jahreswechsel

Eine erfolgreiche Konzertreise führte das Ensemble Moravia Cantat vom 27. Dezember 2009 bis 9. Januar 2010 nach Israel. Das Ensemble gab Konzerte in Jerusalem, Rehovot, Arad, Kfar Jehoschua, En Charod und Ramle.

Es war bereits die zweite Reise nach Israel: Schon vor 22 Jahren war die Gruppe, damals noch unter ihrem früheren Namen Südmährische Sing- und Spielschar, in Israel. Israel erneut anzusteuern, lag nahe: Seit acht Jahren hat Moravia Cantat ein Programm mit jüdischer Musik aus den böhmischen Ländern in seinem Repertoire, das das Ensemble mit großem Erfolg u.a. bei jüdischen Gemeinden in Regensburg, München, Hameln und Berlin, in ehemaligen Synagogen (zuletzt in Memmelsdorf) und auch auf dem Heiligenhof aufgeführt und auf CD aufgenommen hat (jüngst erschien die 2. Auflage von „Sch’ma jisroel“).

Erste Station der Israel-Tournee war Jerusalem. Hier wartete zunächst ein umfangreiches touristisches Programm auf die Gruppe. Unter der sachkundigen Führung des jungen Reiseleiters Sharon Schwab erkundete Moravia Cantat die auf engem Raum liegenden bedeutenden Stätten der drei monotheistischen Weltreligionen: den Ölberg, den Garten Gethsemane, die Via Dolorosa, die Grabeskirche, den Felsendom, die Klagemauer und vieles mehr. Die ständig sichtbare Militärpräsenz in der Jerusalemer Altstadt und die Sicherheitskontrollen führten die unheilvollen Spannungen im Heiligen Land plastisch vor Augen.

Nach Jerusalem folgte ein Abstecher in die palästinensischen Autonomiegebiete (Sharon Schwab konnte die Gruppe dorthin nicht begleiten, da Israelis die Einreise in die rein palästinensisch verwalteten Gebiete von israelischer Seite aus nicht gestattet ist). Nach dem Passieren des Checkpoints an der Mauer zwischen Israel und den Palästinenser-Gebieten wurde Moravia Cantat in Bethlehem von Khadra Zghreineh empfangen, einer palästinensischen Christin, die im Rheinland geboren wurde und im Alter von 15 Jahren mit ihrer Familie „zurück“ nach Palästina kam. Khadra Zghreineh führte Moravia Cantat zum Herodion, den Hirtenfeldern und der Geburtskirche in Bethlehem und zu den Patriarchengräbern in Hebron. Sie vermittelte der Gruppe auch eindrucksvoll die bedrückende Situation der Palästinenser.

Am 31. Dezember machte Moravia Cantat noch einmal Station in Jerusalem. In der deutschsprachigen Benediktiner-Abtei Dormitio B.M.V. auf dem Zionsberg gestaltete das Ensemble die Vesper musikalisch mit. Die Blechbläser spielten zum Ein- und Auszug, der Chor sang u.a. den Chorsatz „Jahresende“ von Leon Kornitzer, dessen Text zu Zeit und Ort passend lautet:

Herr, gib, dass uns beschieden sei eine Segenszeit.
Lass, die sich feindlich schieden, beenden ihren Streit,
dass jeder Mensch hienieden, dem Bruder Liebe wahr‘.
Mit solchem Gottesfrieden, Herr, endige das Jahr.

Jerusalem war auch der Schauplatz einer ganz besonderen Premiere: Das Blechbläserensemble von Moravia Cantat gab hier sein erstes eigenes Konzert. In der Schottischen Kirche präsentierte das Ensemble unter der Leitung von Willi Doffek ein gut einstündiges Programm u.a. mit Werken von Biber, Schmelzer, Bach und Scheidt. Nächste Station der Tournee war Rehovot bei Tel Aviv. Dorthin war Moravia Cantat vom Jugendchor Meitar des städtischen Konservatoriums (Leitung: Yudith Chen) eingeladen worden. Nach der Ankunft am Silvester-Abend erfolgte die Verteilung auf die Gastfamilien, die die 39 Gäste aus Deutschland für die nüchsten zwei Tage beherbergten. Am Neujahrsmorgen um 11 Uhr gab Moravia Cantat im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal des Schweizer Gemeindezentrums eine Matinee mit einem ausführlichen Querschnitt durch sein breites Repertoire. Das Programm umfasste u.a. Instrumentalmusik der Barockzeit für Blechbläser-, Blockflöten- und Streicherensemble, Chormusik des 19. und 20. Jahrhunderts, Volkstänze aus Böhmen, Mähren, Deutschland und Schweden sowie südmährische Volkslieder. Auf besondere Begeisterung stießen Viktor Ullmanns „Jiddische Lieder“; beim berühmten Lied vom immer fröhlicher werdenden Rabbi Elimelech sang und klatschte der Saal begeistert mit (das sollte auch bei den weiteren Konzerten so bleiben).

Nach dem Konzert verteilten sich alle wieder auf ihre Gastfamilien; dort feierten die bei eher orthodox eingestellten Gastfamilien untergebrachten Schabbat, die anderen gingen eher unorthodoxeren Freizeitvergnügungen nach. Der Aufenthalt in Rehovot endete mit einer Party bei einer der Gastfamilien, wo Moravia Cantat auch erstmals den hervorragenden Chor Meitar zu hören bekam. Bis in die frühe Nacht erklang so manches Lied in geselliger Runde.

Von Rehovot aus ging es nun weiter in den Süden Israels. Nach einem unvergesslichen Bade-Erlebnis im Toten Meer steuerte Moravia Cantat Arad an. Im Kulturzentrum dieser Stadt am Rande der Wüste Negev gab Moravia Cantat vor gut gefülltem Saal ein Konzert, das beim begeisterungsfähigen Publikum auf großen Applaus stieß. Arad war auch Ausgangspunkt für die Erkundung der faszinierenden Landschaft der Wüste Negev mit ihren bizarren Felsenkratern.

Nach der Besichtigung der imposanten Bergfestung Masada und einer Wanderung im Naturschutzgebiet Ein Gedi führte die Reise den Jordan aufwärts zum See Genezareth. Die Jugendherberge Karei Deshe mit eigenem Badestrand am See war hier das Quartier von Moravia Cantat, von dem aus die Schauplätze des Wirkens Jesu besichtigt wurden. Das für deutsche Verhältnisse frühsommerliche Wetter lud auch zum Baden im See Genezareth ein.

Ein weiterer Höhepunkt der Tournee war das Konzert im Kulturzentrum des Moschaw (der landwirtschaftlichen Genossenschaft) in Kfar Jehoschua. Die vorgesehene Bestuhlung reichte bei weitem nicht aus, der Besucherandrang war groß; und das Publikum bedachte die Darbietungen von Moravia Cantat mit – auch für israelische Verhältnisse – äußerst großer Begeisterung. Der wunderbare Konzertabend wurde als Zugabe mit Gil Aldemas „Shalom alechem“ gekrönt, einem der beliebtesten israelischen Chorlieder. Ein Ausflug führte die Gruppe in den äußersten Norden Israels zu den Jordanquellen Dan und Banyas (letztere bereits auf den Golanhöhen gelegen) und zur Festung Nimrod. Reiseführer Sharon Schwab erläuterte sachkundig die politische Bedeutung der Jordanquellen und des Wasserproblems zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten. Am Abend gab Moravia Cantat ein Konzert im wunderschönen Theater des Kibbuz En Charod.

Die Verkündigungskirche in Nazareth, die zauberhafte orientalische Altstadt von Akko mit den unterirdischen Räumen der Kreuzfahrerstadt und die Bahai-Gärten in Haifa waren die letzten Höhepunkte im touristischen Programm der Reise. Am Tag des Rückflugs stand noch ein weiteres Konzert auf dem Programm. In der bis auf den letzten Platz besetzten anglikanischen Kirche von Ramle präsentierte Moravia Cantat ein buntes Programm, dessen Schwerpunkt Chormusik aus dem 19. und 20. Jahrhundert bildete. Nach dem Schlussapplaus und schnellem Kleiderwechsel empfing das Ensemble bereits 20 Minuten später der Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv mit seinen umfänglichen Sicherheitskontrollen.

Im Reisegepäck nahmen alle die Erinnerung an zwei eindrucksvolle und erlebnisreiche Wochen in Israel mit: die Erinnerung an eine landschaftlich sehr vielfältige und faszinierende Region, an bedeutende Stätten dreier Weltreligionen, das Erleben der sichtbaren Spannungen in diesem konfliktreichen Land, die Freude an gut besuchten Konzerten, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurden, und die Dankbarkeit für zahlreiche schöne und interessante Begegnungen. All dies ließ den Wunsch und die Gewissheit reifen, dass es nicht weitere 22 Jahre bis zur nächsten Reise nach Israel dauernd darf.